Ausgrabungen

A uf der Suche - nach der zum Gräberfeld gehörigen Siedlung setzte man den Spaten am sogenannten Steinerbichl oberhalb von Uttendorf an. Die Testgrabung förderte nicht nur kennzeichnende Keramikstücke der Hallstattzeit zutage, sondern auch solche der Bronze- und der Latènezeit sowie der frührömischen Epoche.

A rchäologische Grabungen - Seit 1996 werden auf Anregung von Prof. Alfred Winter im Rahmen eines „Schatzkammer Land Salzburg-Projektes“ mit Unterstützung der Salzburger Landesregierung (Kulturabteilung), der Nationalparkverwaltung und der Gemeinde bzw. des Zukunftskollegiums Uttendorf archäologische Grabungen am Steinerbichl unter der Leitung von Dr. Peter Höglinger vom Archäologischen Institut der Universität Salzburg durchgeführt.

G ing man früher davon aus, dass der inneralpine Raum in prähistorischer Zeit unbewohnt war und allenfalls zu gelegentlichen Jagdausflügen aufgesucht wurde, zeigen neuere Forschungen ein gänzlich anderes Bild. Schon im Neolithikum, d.h. vor rund 5000 Jahren, waren die wichtigsten Nord-Südverbindungen über die Alpen bekannt, wie z.B. eine markante Fundkonzentration an Steinbeilen in der Hochgebirgsregion südlich von Badgastein belegt. Spätestens in der ausgehenden Frühbronzezeit (etwa um 1800 v. Chr.) setzt auch rege Siedlungstätigkeit ein, die etwa im Bereich des Salzachlängstales dazu führte, dass alle natürlich gut geschützten Geländeformationen (oft in Sichtweite zueinander) von prähistorischen Dorfgemeinschaften besetzt waren. Ursache dieses Siedlungs„Booms“ waren die ostalpinen Kupferlagerstätten, deren Ausbeutung die wirtschaftliche Basis für die zahlreichen Ansiedlungen bildete.

D ie strategisch günstige Lage am Schnittpunkt zweier Verkehrslinien, nämlich derjenigen entlang des Salzachlängstales und einer wichtigen Nord-Süd-Verbindung über den Kalser Tauern weist auf einen wichtigen Handelsstützpunkt hin. Bekannt sind die Übergänge über den Großglockner, den Mallnitzer Tauern und über den Kalsertauern (Stubachtal); für erstere konnten in den letzten Jahren keltisch-römische Passheiligtümer nachgewiesen werden. Für den Kalsertauern kann ein vor rund 100 Jahren entdecktes bronzezeitliches Schwert ebenso als Beweisführung herangezogen werden, wie neolithische und römische Funde aus dem Gemeindegebiet von Kals südlich des Tauernhauptkammes.

G ut erforscht – Zwar hat sich die Zahl der bekannten Fundstellen, bedingt durch Bautätigkeit, systematische Begehungen und auch durch Zufallsfunde, sprunghaft erhöht, doch konnten v. a. aus finanziellen Gründen kaum größere Forschungsvorhaben durchgeführt werden, sodass unser Wissensstand weiterhin sehr ausschnitthaft geblieben ist. Eine Ausnahme in dieser Hinsicht stellt Uttendorf im Pinzgau dar.

P rähistorisches Dorf - Bisher konnte eine mächtige Randbefestigung entlang der ungeschützten Ostflanke des Steinerbichls in Form eines Steinwalles aus großen Steinblöcken nachgewiesen werden, die vermutlich in der ausgehenden Bronzezeit errichtet wurde. Weiters wurden mehrere Hausgrundrisse unterschiedlicher Zeitstellung (Bronze-, Latènezeit), z.T. mit Herdstellen und Vorratsgruben zumindest teilweise freigelegt. Die Grabungsergebnisse belegen einen Siedlungsbeginn bereits in der ausgehenden Frühbronzezeit (etwa um 1800 v. Chr.), nach einer längeren Unterbrechung war der Steinerbichl wieder spätestens ab der Hallstattzeit (um 750 v. Chr.) durchgehend bis zur Spätantike (4./5. Jh. n. Chr.) bewohnt.

D ie keltischen Gebäude zeichnen sich durch eine recht dauerhafte Bauweise aus. Über einem Steinsockel aus Trockenmauerwerk (ohne Mörtelverbindung), der einerseits einer verbesserten Bodenisolierung diente, andererseits Geländeunebenheiten ausglich, wurde das Aufgehende in Blockbauweise aus Holz errichtet, womit die Häuser vom Gesamtbild her in etwa unseren heutigen Almhütten und Heustadeln nahe stehen. Bis jetzt konnten auf dem Steinerbichl zwei rechteckige Gebäude teilweise freigelegt werden, von denen eines eine Länge von etwa 12 m und eine Breite von zumindest 9 m aufweist.

D as Fundmaterial zeigt, dass es sich bei dem prähistorischen Dorf am Steinerbichl um eine bedeutende Ansiedlung gehandelt haben muss. Während aus der bronzezeitlichen Siedlungsphase naturgemäß lediglich zahlreiche Keramikbruchstücke zutage kamen, die zumeist von groben Koch- und Vorratsgefäßen stammen, ergaben die keltischen und römischen Kulturschichten u. a. neben typischer, graphitgemagerter Gebrauchskeramik (Latène) auch vereinzelt dünnwandige, bemalte Tonscherben und Terra Sigillata, das „Tafelgeschirr“ der Römer sowie zahlreiche Metallgegenstände bzw. Objekte aus anderem Material.

H ervorzuheben sind u. a. eine Groß-Silbermünze, ein sog. Palmetten-Gürtelhaken aus Bronze, Fragmente von verschiedenfarbigen Glasarmreifen und Glasperlen, Eisenfibeln, je ein großer und ein kleiner Schlüssel aus Eisen, steinerne Webstuhlgewichte sowie mehrere Bronzefibeln, davon eine in Gestalt eines Hasen, und eine andere ebenfalls tiergestaltige, vielleicht mit der Darstellung zweier Steinböcke. Die Qualität des Fundmaterials wie auch die daraus ablesbaren Fernbeziehungen weisen auf die überregionale Bedeutung dieses vorgeschichtlichen Dorfes hin.

 

Glasperlen

Glasperlen

Fibel, Gürtelhaken u. a.

Fibel.jpg

Schlüssel, Rasiermesser

Schlüssel und Rasiermesser

Als besondere Attraktion gilt eine 
sehr gut erhaltene
spätkeltische
 Silbermünze
eines Fürsten namens ECCAIO.

Münze Eccaio.jpg

D ie Siedlung am Steinerbichl scheint aufgrund ihrer günstigen verkehrsgeographischen Position auch von den geänderten Machtverhältnissen nach der römischen Okkupation Noricums nichts von ihrer Bedeutung eingebüßt zu haben und bestand bis in die Spätantike (4./5. Jh. n. Chr.) fort. Die Grabungsergebnisse belegen aber, dass sich hier keine Römer ansiedelten, sondern weiterhin eine keltische Bevölkerungsgruppe lebte, die erst allmählich römische Erzeugnisse übernahm.

F rühe Bergbautätigkeit – Der aus den Funden zu erschließende Wohlstand der Dorfgemeinschaft, man beachte auch die aus den Beigaben des Gräberfeldes ablesbaren Fernbeziehungen, beruhte zumindest während der Bronze- und frühen Eisenzeit auf dem aus dem Berg geschürften Kupfererz.

D as der Siedlung zugehörige Bergbaurevier konnte nach eindeutigen Geländemerkmalen (sogenannte Pingen und großflächige Scheidehalden) auf der Viertaler Alm in rund 1.600 m Seehöhe lokalisiert werden, etwa 1,5 Wegstunden oberhalb des Steinerbichls. Saisonal wohnte der bergbautreibende Bevölkerungsteil sicherlich in einer Art Werkssiedlung unmittelbar neben den Stolleneingängen und wurde vom Dorf her mit Lebensmitteln, Kleidung und Geräten versorgt. Im Winter, wenn die Arbeit in den hochgelegenen Regionen unmöglich war, zog sich vermutlich die gesamte „Gemeinde“ auf den Steinerbichl zurück. Die für einen wirtschaftlichen Bergbaubetrieb vorauszusetzende Arbeitsteilung erklärt auch die aus der Gräberfeldbelegung errechnete Bevölkerungszahl von etwa 120 Personen. So war eine größere Gruppe im Berg selbst tätig, andere sortierten vor Ort das taube Gestein aus (Scheidehalden), wieder andere schmolzen das Rohkupfer in mehreren komplizierten Verfahren aus, für die Unmengen von Holzkohle benötigt und sogar eigene Köhler beschäftigt wurden.

E twas Besonderes – Uttendorf hebt sich aus einer mittlerweile langen Reihe von archäologischen Fundpunkten im inneralpinen Bereich durch seine einzigartige Befundsituation hervor. Nur hier sind an einer Stelle alle Bereiche vorgeschichtlicher Lebensweise erfasst: Siedlung, Gräberfeld, Bergbau und Handelswege . Obwohl noch viele Fragen offen bleiben, ist Uttendorf aufgrund des hinsichtlich Quantität und Qualität weit überdurchschnittlichen Fundmaterials sicherlich als überregional bedeutendes Siedlungszentrum in prähistorischer Zeit anzusprechen.

E s ist geplant, die seit 1996 im Rahmen des „Schatzkammer Land Salzburg - Projektes“ laufenden Grabungen immer wieder unter der Leitung von Dr. Peter Höglinger (Archäologisches Institut der Universität Salzburg) fortzusetzen, wobei sicherlich für den Besucher des entstehenden Keltendorfes auch interessant zu sehen ist, wie archäologische Grabungen vonstatten gehen, wie ein Quadrant ausgehoben wird bzw. worauf besonders zu achten ist.

Alles muss händisch bearbeitet werden

Alles muss händisch bearbeitetwerden.
Jede Besonderheit ist zu registrieren

  mühsam freigelegte keltische Siedlungsreste, wie

die Außenreste eines Wohngebäudes
Außenreste eines Wohngabäudes

bzw. eine Herdstelle
Herdstelle

alles muss exakt vermessen werden ......
  
Vermessung

immer spannend, wenn etwas gefunden wird,wie hier ein Webstuhlgewicht
Webstuhlgewicht

  
Auch eine Pause zwischendurch darf nicht fehlen.
 Rastpause

Das gesamte Areal am Steinerbichl steht in der Zwischenzeit unter Denkmalschutz, d.h.  vor jeder weiteren Bautätigkeit muss der jeweilige Abschnitt archäologisch untersucht werden. Aus diesem Grund und da angenommen werden kann, dass noch Vieles "unentdeckt" ist, werden auch künftig bedarfsmäßig weiterhin archäologische Grabungen stattfinden. Die letzte Grabung im Juni 2007 bestätigte dies, wiederum konnten zahlreiche keramische Fundstücke geborgen werden.