Gräberfunde

U ttendorf liegt im oberen Salzachtal zwischen Zell am See und Mittersill. Das Alpenlängstal der Salzach bildet eine wichtige inneralpine Verkehrslinie, von der aus eine Reihe von Passwegen über die Tauern nach Süden abzweigt.
W ie die meisten Orte im oberen Salzachtal liegt auch Uttendorf auf der Sonnseite, auf dem Schwemmkegel eines Baches am linken, nördlichen Talrand.
D as hallstattzeitliche Gräberfeld von Uttendorf befindet sich rund 500 m westlich des Ortskerns auf einem flach geneigten Hang rund 30 bis 50 m über dem Talboden. 

Plan des Gräberfeldes

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D ie Belegungszeit beträgt rund 100 bis maximal 150 Jahre. Für die Einwohnerzahl errechnet sich damit – bei einer geschätzten Zahl von ca. 700 Bestattungen – eine Obergrenze von rd. 200 Personen. Innerhalb des Gräberfeldareals lassen sich soziale Rangunterschiede erkennen. Es zeigt sich, dass die Mehrzahl der reicher ausgestatteten Gräber am westlichen Rand des Friedhofareals liegt. Die „Logenplätze“ mit weiter Aussicht über dem Steilabbruch zum Manlitzbach waren offensichtlich der wohlhabenden Bevölkerungsschicht vorbehalten.

E s war mehr Zufall, als im Zuge der Neuverlegung der Ortswasserleitung von Uttendorf im April 1962 im Bereich des Untersteinfeldes ein großes archäologisches Gräberfeld aus der Hallstattzeit (750-600 v Chr.) entdeckt wurde. Noch am selben Tag traf der damalige Landesarchäologe – Martin Hell - am Fundort ein. Mit seinen Helfern konnte er eine Reihe von Fundstücken bergen.

I m Jahre 1975 entschloss sich das Salzburger Museum C.A. zur systematischen Freilegung des Gräberfeldes. Die Arbeiten wurden, mit einer vierjährigen Unterbrechung, bis zum Jahre 1990 alljährlich mit einer 4-6wöchigen Kampagne, welche unter der Leitung des Landesarchäologen Dr. Fritz Moosleitner stand, getätigt.

 

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I nsgesamt 448 Grabanlagen
konnten von 1975 – 1990 unter der Leitung von Dr. Fritz Moosleitner vom Salzburger Museum Carolinum Augusteum - im größten bislang bekannten eisenzeitlichen Gräberfeld im inneralpinen Raum - freigelegt und dokumentiert werden. Keramik und Metallbeigaben zeugen von bedeutenden und weitreichenden Handelsverbindungen.

F ür die Beisetzung der Überreste des Leichenfeuers bevorzugte man in Uttendorf das Steinkistengrab. Anhand der Grabungsbefunde lässt sich der Bestattungsvorgang relativ genau rekonstruieren.
Z unächst wird eine kleine runde Grube in den anstehenden Lehmboden eingetieft und eine Sohlplatte bzw. ein Bodenbelag aus mehreren sorgfältig aneinandergefügten Schieferplatten eingebaut. Darüber versetzt man stehende Steinplatten, die die Wände der Grabkammer bilden. Die lichte Weite der Grabkammer schwankt zwischen 25 und 100 cm, die Höhe zwischen 20 und 70 cm. Den schmalen Zwischenraum zwischen der Steinkiste und den Wandungen der Grabgrube füllt man in der Regel mit Steinen auf. Als Baumaterial dient gebrochener Grauwackenschiefer, der am Rand des Gräberfeldes ansteht. Zum Teil verwendet man auch plattiges Steinmaterial aus dem Geschiebe des nahen Baches. In der Steinkiste wird der Leichenbrand in Behältern aus organischem Material – Holz oder Leder- , seltener in einer Urne aus Ton deponiert. Die Reste der mitverbrannten Beigaben werden ebenfalls in der Grabkammer niedergelegt, häufig auch die Aschen- und Kohlenreste des Leichenfeuers. Der Leichenbrand liegt jedoch fast immer getrennt von den Brandresten. In der Regel wird auch noch eine unverbrannte Schale oder ein Töpfchen – vermutlich gefüllt mit Speisen – ins Grab gestellt.
D
ie Grabkammern waren mit großen Schieferplatten abgedeckt, bei einigen Gräbern hat man große Granitfindlinge als Decksteine eingebaut. Zur oberirdischen Kennzeichnung der Gräber dienten kleine Steinmale mit einem Basisdurchmesser von 90 – 120 cm, die man über den Deckplatten aufgeschichtet hat.

B randgrubengrab ohne Steinschutz. Die Lage des Leichenbrands weist auf eine Urne aus organischem Material hin. Nr. 319

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R und ein Viertel aller untersuchten Gräber in Uttendorf weist eine etwas abweichende Bauart auf. Es handelt sich um einfache Brandschüttungsgräber oder um Urnengräber mit Steinabdeckung.  
B eide Grabtypen zeigen dieselbe Bauart, der Unterschied besteht lediglich im Material der Urnen. Die Grabgrube ist in der Regel etwas kleiner angelegt als bei Steinkisten. In der Grubenmitte hat man die Urne aufgestellt und ringsum die Aschenreste des Leichenfeuers eingeschüttet. Ein Topf oder eine Schale nahm den Leichenbrand auf.


Grabbeigaben - Frauengräber

Z ahlreiche Keramik- und Metallbeigaben zeugen von bedeutenden und weitreichenden Handelsverbindungen. Gewandspangen, sogenannte "Fibeln" aus Bronze und Eisen, die gleichzeitig als Schmuckstücke dienten, belegen u.a. diese Verbindungen in den Ostalpenraum (Kärnten, Krain, Isonzotal) sowie nach Italien (Padua). Kennzeichnend für die frühe Hallstattkultur ist die häufige Verwendung von Eisen für Schmuckgegenstände. Das neue Material war offenbar noch so kostbar und schwierig zu gewinnen, dass man es anfänglich vor allem zu Schmuck verarbeitet hat, während man Waffen und Werkzeug weiterhin aus Bronze herstellte.

Fibeln Schmuckausstattung des Grabes 76

Zweischleifige Bogenfibeln
und Kahnfibel aus Bronze.

Schmuckausstattung Grab 76


I n sieben Frauengräbern der Nekropole von Uttendorf fand sich je ein Satz steinerner oder tönerner Webstuhlgewichte. Die Webgewichte und auch die Spinnwirtel zeigen Spuren von starker Hitzeeinwirkung. Man darf annehmen, dass vollständig gerüstete Webstühle mit aufgespannten Kettfäden bzw. ein Spinnzeug auf den Scheiterhaufen mitgegeben wurden. Spinnwirtel und Webgewichte finden sich durchwegs in Frauengräbern mit überdurchschnittlicher Schmuckausstattung. Die Herstellung von Stoffen für die Kleidung zählte offensichtlich zu den vornehmsten Aufgaben der Frauen. Die Tüchtigkeit im Weben bildet nach Homer einen Anreiz zur Heirat. Der Wert einer Frau wurde an ihren Webarbeiten gemessen. Die Grabbeigaben von Uttendorf vermitteln Einblicke in die Webkunst der Hallstattzeit. Die Sitte der Beigabe eines Webstuhles auf den Scheiterhaufen haben die Leute von Uttendorf aus dem Süden übernommen, sie ist vor allem bei den Venetern, aber auch bei anderen Völkerschaften im Südalpengebiet belegt.

Steinerne Webstuhlgewichte

mit Ritzverzierung aus Grab 303.
Webstuhlgewichte

Grabbeigaben – Männergräber

D ie Männer benutzten Nadeln aus Bronze oder Eisen, um ihre Kleidung zusammenzuhalten. Der Anteil an eisernen Nadeln ist – ähnlich wie beim Frauenschmuck – sehr hoch. Die geschmiedeten Mehrkopfnadeln aus Eisen erreichen Längen bis ca. 30 cm, daneben finden sich auch kleine zierliche Stücke.

Beigaben aus
Männergräbern

1-2 Nadeln aus Eisen

3-5 Bronzene Schmucknadeln

6 Rollenkopfnadel aus Eisen

7-8 Eiserne Mehrkopfnadeln

9 Bronzenes Beil

10 Beil aus Eisen

11 Wetzstein

Beigaben aus Männergräbern

D ie Waffenbeigabe beschränkt sich auf Beile mit ausschwingender Schneide und endständigen Schäftungslappen. Nur eines der Beile ist aus Eisen gefertigt, die übrigen aus Bronze. Alle Beile zeigen Spuren von Hitzeeinwirkung, sie sind somit dem Toten auf den Scheiterhaufen mitgegeben worden. Das Beil diente den hallstattzeitlichen Kriegern im Ostalpenraum als Nahkampfwaffe, im Gegensatz zu den Völkern nördlich der Alpen, die das Schwert bevorzugen. Speere und Lanzen bildeten die wichtigsten Fernwaffen. In den Gräbern von Uttendorf fehlen jedoch Lanzenspitzen – mit Ausnahme eines Exemplares, das aus Bronze gefertigt ist.

N ur selten hat man in Uttendorf auch ein Werkzeug ins Grab mitgegeben. Zu den häufigsten Beigaben zählen Messer. Keines der vielen Messer ist aus Bronze gefertigt, die Messer hat man in unserem Gebiet von Beginn der Eisenzeit an aus Eisen geschmiedet. Im Fundinventar von Uttendorf findet sich kein Gegenstand, der sich unmittelbar mit Bergbautätigkeit in Verbindung bringen lässt. Trotzdem wird angenommen, dass in dem Gräberfeld eine bergbautreibende Bevölkerung bestattet wurde.


Keramik

I n den hallstattzeitlichen Gräbern von Uttendorf finden sich Töpferwaren in unterschiedlicher Verwendung: entweder als Urnen zur Aufnahme der Knochenreste des Toten oder als Beigefäße, vermutlich gefüllt mit einer letzten Wegzehrung für die Reise ins Jenseits.

Keramik aus lokalen Werkstätten

D ie Keramik aus dem Gräberfeld ist zum überwiegenden Teil in Uttendorf oder in der näheren Umgebung getöpfert worden. Die Formen der einheimischen Keramik sind zumeist aus dem nördlichen Alpenvorland übernommen worden. Einige der lokalen Erzeugnisse haben ihre Vorbilder jedoch in den Gebieten südlich des Alpenhauptkamms. Erwähnt sei der Typ der Fußschalen mit niedrigem Fußteil und eingezogenem Rand, der im Südalpengebiet weite Verbreitung gefunden hat. Genaue Entsprechungen zu den Fußschalen von Uttendorf liegen unter anderem aus dem Gräberfeld von Niederrasen im Pustertal vor.

Keramik mit Glimmermagerung aus
inneralpinen Werkstätten

4 und 5 Urnen
sonst Beigefäße

Keramik


Keramik aus dem nördlichen Alpenvorland

R und ein Viertel der in Uttendorf aufgefundenen Tongefäße unterscheidet sich von den lokalen Erzeugnissen sowohl in der Tonzusammensetzung als auch in der Art der Verzierung. Diese Keramik stammt aus Werkstätten im nördlichen Alpenvorland, vermutlich im oberösterreichischen Donaugebiet. Eine genaue Lokalisierung der Produktionsstätten ist bisher nicht möglich. Entsprechungen zu den Gefäßen aus Uttendorf finden sich im Alpenvorland von Südbayern bis Niederösterreich. Im Tiroler Inntal ist diese Keramik ebenfalls vertreten.

Stempelverzierte Keramik

aus dem Gräberfeld von

Uttendorf,

vermutlich nordalpiner Herkunft.

Stempelverzierte Keramik

 

Venetische Keramik

Nicht nur im nördlichen Alpenvorland, sondern auch in Gebieten südlich der Alpen hat man hochwertige Keramik eingetauscht. Es handelt sich vorwiegend um dünnwandige Schalen mit hochgezogenem Brandhenkel. Feine Drehrillen verraten, dass diese Henkeltassen zwar von Hand aus aufgebaut, jedoch mit Hilfe einer schnell rotierenden Töpferscheibe nachgedreht wurden.

Venetische Henkeltasse

Venetische Henkeltasse mit schwarz glänzendem Überzug

                (Henkel teilweise ergänzt)

 

U ttendorf ist bisher der einzige Fundpunkt venetischer Keramik des 8. u. 7. Jh. v. Chr. nördlich des Alpenhauptkamms. Venetische Erzeugnisse des Töpferhandwerks erreichten jedoch den Kärntner Raum (Villach), das Piavetal und auch Südtirol (Pfatten). Über dieses Gebiet führten die Verbindungswege von Uttendorf nach dem Süden.

Venetische Keramik

1 Bruckstück einer Situla mit Bronzenagelzier

2-4 Venetische Henkeltassen

Venetische Keramik

Bedeutende Funde der Hallstattzeit im
Ostalpenraum in der Zeit um 700 v.Chr.

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Entnommen aus dem Buch „das hallstattzeitliche Gräberfeld von Uttendorf im Pinzgau“ von Dr. Fritz Moosleitner – herausgegeben vom Amt der Salzburger Landesregierung (Landesarchäologie) gemeinsam mit dem Salzburger Museum Carolino Augusteum.